Zur Romantik in der Malerei

Beispiel 1
Caspar David Friedrich (1774-1840): Wanderer über dem Nebelmeer (1818)

Das Bild, heute in der Kunsthalle Hamburg, zeigt eine Person von hinten bei der Betrachtung einer romantischen (nicht topographisch exakten) Landschaft. Die Rückenfigur, wie ein Denkmal auf einem erhöhten Platz stehend, stellt kein Individuum dar; sie zieht den Betrachter ins Bild hinein. Rückenfiguren als Identifikationsfiguren sind meist so positioniert, dass sie den Fluchtpunkt verdecken. Dadurch wird der Betrachter animiert, sich in die Figur hineinzuversetzen und sich ebenfalls dem Naturereignis zu widmen. Die Natur dient als Projektionsfläche für Empfindungen des Betrachters. Im Vordergrund ist eher dunkel und scharf, es dominieren „warme" Farben. Der Hintergrund ist indessen eher heller, unschärfer, es dominieren „kalte" Farben. So entsteht eine Farbperspektive.

Siehe dazu als Anregung (unten auf der Seite): http://www.kusem.de/konz/su34/leere.htm
„Nebelmeer mit und ohne Wanderer:
Eine 10. Jahrgangsstufe zerlegte C. D. Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer in seine Raumschichten. Die Schüler wurden dazu in Gruppen auf jeweils eine Schicht angesetzt. Dadurch hielt sich der zeitliche Aufwand so in Grenzen, dass die Arbeit auch im einstündigen Unterricht zügig voran ging. Das isolierte Material wurde dann allen Schülern zum Zweck der Manipulation zur Verfügung gestellt. Es entstanden unterschiedlichste Versionen, die mit dem Original konfrontiert und in Bezug auf ihre jeweilige Wirkung verglichen werden konnten. Die verschiedenen Raumschichten lassen sich auf diese Weise inhaltlich isolieren, gleichsam als Sinnschichten:
* Himmel, Licht, Erhabenes, Göttliches
* entrückte, lebensfeindliche, versteinerte, eisige Höhen
* aufsteigende Nebel, Kreislauf, Strömung, Bewegung
* bezwingbare Gipfel, Erdung, Leben, Erleben.
In einem Leistungskurs bauten die Schüler das gleiche Bild als räumliches Modell einer Bildbühne nach. Auch dazu mussten sie auf der jeweiligen Ebene die Kulissen um den Teil ergänzen, der in der Vorlage verdeckt ist durch die jeweils vorgelagerte Bildzone."


Beispiel 2
Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872): Die Hochzeit zu Kana (1820)
(der neben Friedrich Overbeck wohl bekannteste Maler der Nazarenischen Kunst)

Die Romantik hat (mindestens) zwei Dimensionen, sie ist revolutionär/modern, schaut aber gleichzeitig zurück auf modellhafte Kunst vergangener Epochen. --> Wiederentdeckung der „alten" Musik im 19. Jahrhundert (Gregorianik, Palestrina, Schütz, Bach, Händel...); Vgl. z.B. E. T. A. Hoffmann: Alte und neue Kirchenmusik (erschienen 1814 in: Allgemeine Musikalische Zeitung, Leipzig) [in: E. T. A. Hoffmann, Schriften zur Musik. Nachlese, hrsg. von Friedrich Schnapp, München 1963, S. 209-235.]

Nazarenische Kunst: romantisch-religiöse Kunstrichtung, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts deutsche Künstler in Wien und Rom gründeten und die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Kunst im Geist des Christentums aus der Wiederentdeckung alter italienischer und deutscher Kunst heraus zu erneuern. Zunächst Reaktion auf den erstarrenden akademischen Klassizismus, „Nazarener" war zunächst ein Spottname (wegen ihrer Haartracht) für die Mitglieder des 1809 in Wien von den Malern und Schülern der Wiener Akademie F. Overbeck, F. Pforr, J. K. Hottinger, J. Wintergerst, L. Vogel und J. Sutter begründeten „Lukasbundes" („Lukasbrüderschaft"). Da sie sich gegen die Akademie nicht durchsetzen konnten, zogen Overbeck, Pforr, Vogel und Hottinger 1810 nach Rom, wo sie sich im Kloster Sant' Isidoro am Monte Pincio niederließen. Sie stellten den letzten Versuch der Bildung eines gemeinsamen Kunstbetriebs nach mittelalterlichem Vorbild (Zunftwesen) dar und hatten große Wirkung auf die religiöse Malerei bis zum Beginn des Expressionismus. Ihre Vorbilder waren die deutsche Malerei des 16. Jahrhunderts und die frühe italienische Hochrenaissance. Nazarener als Romantische Künstler, Verbindung von Lebensweise und Schaffen; Verbindung von Kunst und Lebensanschauung/Religion.
In der 2. Hälfte des 19. Jhdts. hatte sich das Kunstideal der Nazarener inhaltlich verbraucht und war zur Schablone herabgekommen. Die gesamte Kunstrichtung wurde von Kunstkennern zunehmend gering geschätzt und geriet in Vergessenheit. Gleichzeitig erfreute sich diese Kunst als Trivialkunst - in vereinfachter industrieller Massenproduktion - einer großen Popularisierung: Es gab eine große Zahl von süßlichen, qualitativ schwachen und frömmelnden Bildern, die in billigen Drucken ihren Abklatsch fanden und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert Pfarrhäuser und Wohnungen füllten. Diese zunehmende Trivialisierung hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Kunst der Nazarener lange Zeit als eine nur religiös motivierte eingeordnet wurde, die künstlerisch ohne Kraft war.
Damit teilt hier die Malerei das Schicksal der Romantik insgesamt: Der Begriff ist durchaus belastet, wird leicht mit „romantischem Kitsch" in Verbindung gebracht.

 

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